Sella-Ringbandweg

In der Nacht zum Montag hat es ein mächtiges Gewitter gegeben. Das Gewittergrollen rollte durch's ganze Tal. Aber am Morgen war alles vorbei und es sollte ein sonniger Tag werden.

Ich starte zu meiner großen Tour, nicht auf die Sella, aber unterhalb der hohen Wände entlang. Dazu fahre ich mit Linienbus nach Corvara und steige dort in den Bus zum Pordoijoch um. Es geht erst gut hinauf zum Campolongo-Pass, dann tief hinunter nach Arabba und dann über mehr als 30 Kurven die Bergstrasse wieder hoch zum Pordoijoch. Damit liegt der Ausgangspunkt meiner Tour bereits bei 2239 m. Aber ich muss noch weiter hoch. Der Sella-Ringbandweg beginnt erst bei 2600 m, dafür heißt es ca. 1 Stunde stramm bergauf kraxeln. Da könnte ich glatt die Leute beneiden, die mit der Seilbahn zum Sas de Pordoi hinauf schweben, aber die haben garantiert ein Ziel, das mir zu groß ist.

Während etliche Kletterer weiter zwischen den Felsen bergauf steigen, biege ich auf den Sella-Ringbandweg ab. Der führt zwischen großen Steinblöcken hindurch auf das Geröll unter den hohen Wänden der Sella. Mein Wanderbuch zeichnet für die Tour einen Strich auf gerader Linie - die Praxis sieht anders aus. Es geht immer hoch und runter, über Geröll und kletternd über Steinhänge. Im Aufstieg hole ich zwei rüstige, ältere Italiener ein, die mich bitten, doch Fotos von ihnen vor der Marmolada zu schießen, die hier gut zu sehen ist. Sie sind erstaunt, dass ich solo unterwegs bin. Ich verstehe kein italienisch, die zwei kein deutsch, trotzdem haben wir schnell einen guten Draht zueinander und setzen die Tour gemeinsam fort.

Dario und Roberto sind rührend besorgt um mich. Immer wieder warten sie, ob ich auch folge. Auch wenn ich die Schwierigkeiten des Weges durchaus allein meistern kann, tut es gut, solche Begleiter zu haben. Dario ist meist vorneweg und checkt den weiteren Weg. Nur einmal sind wir etwas zu weit hoch geraten, aber schnell wieder in der richtigen Spur. Es geht auf die Wände zu und meist direkt unter ihnen entlang. Unter uns die Auffahrt zum Pordoipass, dahinter die gewaltige Bergkulisse mit Marmolada, Tofane, Pelmo und Civetta und noch viele mehr, deren Name ich nicht kenne. Immer wieder schaue ich mich um. Trotzdem heißt es gut auf den Weg zu achten: die Geröllpassagen sind rutschig, die Kletterei über viele Steine bergauf bergab verlangt Konzentration. Diese Tour ist definitiv kein Spaziergang.

Unterwegs stoßen wir an der Wand auf den Beginn eines Klettersteiges; wer will, kann hier hoch zum Piz Boe. Wir gehen weiter auf dem Weg Nr. 626, immer unter den steilen Felswänden der Sella entlang. Erst gegen 13 Uhr legen wir hoch über Arabba eine längere Mittagsrast ein. Von hier ist unser Ziel, die Kostner-Hütte, bereits zu sehen. Was für ein schöner Rastplatz: das gesamte Gebirge liegt uns zu Füßen. Vor uns die Pralongia, dahinter Heiligkreuzkofel, Lavarella, Conturines, Lagazuoi und Fanis. Dahinter noch die 3000er Tofane, Pelmo und Civetta. Einfach nur genial!!!

Nach der Stärkung geht es locker weiter unter den Sella-Wänden entlang. Bis zur Hütte ist es noch ein ganz schönes Stück Weg. Je näher wir kommen, desto mehr Leute sind unterwegs. In einer steilen Scharte kommen Kletterer von oben herunter. Manche wollen zum Pordoi, viele nehmen den Weg zur Hütte.

Nach insgesamt 4 Stunden (incl. Pause) haben wir das Ende vom Ringbandweg und die Hütte erreicht. Am Anfang stand ein Schild: 2 Stunden zur Kostner-Hütte. Ich frage mich schon, wer das in der Zeit schafft.

An der Hütte verabschiede ich mich herzlich von meinen Wanderfreunden Dario und Roberto. Sie wollen mit Seilbahn nach Corvara und von dort zurück zum Pordoipass.

Ich kehre in der Hütte ein und genieße noch den fantastischen Ausblick über das ganze Gebirge. Klar geht der Blick auch nochmal nach oben zu den steilen Sella-Wänden. Dort sind wir entlang gekraxelt!

Aber ich muss ja noch nach Hause. Ich könnte in 50 Minuten bergab zur Kabinenbahn oder in 10 Minuten bergauf zum Sessellift. Ich entscheide mich nach dieser langen Tour für den Sessellift. Der bringt mich vorbei am blauen Boe-See bequem zur Kabinenbahn und mit der geht's nach Corvara. Der Weg zur Bushaltestelle ist auch noch zu schaffen. Gegen 17.15 Uhr bin ich k.O., aber glücklich zurück im Quartier.

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Diese Seite enthält einen einen einzelnen Eintrag von Hanne vom 1.08.17 17:01.

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